Zugegeben, ich finde den Namen blöd. Aber das ist auch schon fast mein einziger Kritikpunkt an Dorfromantik. Der zweite wäre: Das Spiel hat mich kurzfristig süchtig gemacht. Ungefähr eine Woche lang konnte ich in keiner freien Minute die Finger lassen von den sechseckigen Plättchen, von denen ich immer nur die obersten drei sehen kann, und die Häuschen, Gewässer, Wälder, Kornfelder und so weiter enthalten können.
Dabei war es nicht die Neugierde oder Entdeckerlust, die mich angetrieben hat, nein, so entspannt spielt sich Dorfromantik bei mir nicht. Es war der reine Stress: Zu wissen, dass ich nur noch eine begrenzte Anzahl Plättchen zur Verfügung habe, und ich meine Landschaft nicht weiterbauen kann, außer, ja, außer ich kann noch die geforderten 136 Bäume im Wald pflanzen, oder wenn, ja, wenn die Bahnstrecke genau die verlangten 25 Schienenstrecken umfasst. Für das Erfüllen solcher Quests bekommt man neue Plättchen.
Meistens weniger als man braucht, um die anderen noch offenen Quests zu erfüllen. Man hat also beim Spielen permanent ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Dass man schon wieder nicht genug Korn- und Lavendelfelder um die Mühlen herum anbauen wird. Dass man schon wieder nicht das Plättchen bekommt, auf dem ein Gewässer UND eine Schienenstrecke sind (die sich BEIDE auch passend in die durch schlechte Planung vorhandene Lücke einfügen müssen und dadurch – dank Bonusplättchen für erfüllte Quests – den Ressourcenmangel zumindest kurzfristig beheben.)
Warum tut man sich das an und spielt ein Spiel, das weder explizite Ziele noch eine Zeitberenzung hat und trotzdem solchen Stress auslöst?
- Weil es wunderschön ist (die Schiffchen …)
- weil es so einfach ist und sich selbst so gut erklärt, dass man direkt losspielen kann
- weil der Soundtrack super dazu passt
- und weil man dabei einiges über sich selbst lernt. Es ist ein Spiel ohne „Undo“-Button! Ich muss mit meinen Entscheidungen leben und versuchen, das beste daraus zu machen. Auch wenn ich, weil ich ein Plättchen ungünstig gedreht habe, meine Mühle nicht mehr an mein ausladendes Kornfeld anschließen kann: So sieht mein Land jetzt halt aus.
Nach ungefähr zehn Ländern, die ich angefangen hatte und wegen Plättchenmangels unvollendet lassen musste, kamen mir Zweifel. Wie sollte ich jemals wieder aufhören mit diesem Spiel? Es hat kein Ende, man kann immer aufs Neue mit 40 zufällig generierten Plättchen anfangen, sein kleines Paradies zu bauen. Man spielt dann einfach, um seinen eigenen Highscore zu überbieten.
Glücklicherweise bietet das Spiel aber auch einen Ausweg aus diesem Irrsinn an: den Kreativ-Modus. Sobald man keine Plättchen mehr hat, kann man – ohne Quests – mit immer neuen Zufallsplättchen (die man in diesem Modus auch wieder entfernen kann) die Landschaft seiner Träume gestalten.
Und das ist seither der Modus, den ich spiele. Ich habe mir eine traumhafte Insel aus den schönsten Plättchen zusammengelegt, die das Spiel mir erzeugt hat. Keine Monokulturen mehr wie während meiner Highscore-Jagd, nein, kleine Siedlungen am Waldrand, gut an das Bahnnetz angebunden, mit florierender Landwirtschaft und guter Naherholung. Und ich beginne den Namen Dorfromantik zu verstehen.
Dorfromantik | |
Empfohlen für | Puzzlefans, Segelflieger, Biberfreunde, Wanderer |
Nicht empfohlen für | Raufbolde, Zubetonierer, Wasserscheue |
Läuft auf | Windows |
Mehr Infos | ➜ Website des Herstellers |
In der Rubrik „Empfehlenswerte Spiele“ stelle ich ein Computerspiel vor, das mir Spaß gemacht hat. Wie bei allen meinen Empfehlungen gilt: Ich habe das Spiel selbst und auf meinen eigenen Antrieb hin gekauft und gespielt und erhalte für die Empfehlung keinerlei Geld, Gutscheine oder Waren. Ich schreibe auch keine Empfehlungen im Auftrag oder im Austausch gegen irgendwelche Vorteile. Wenn ich Bildmaterial vom Hersteller verwende, dann aus dem offiziellen Pressekit, ansonsten sind die Bilder Screenshots aus meinen Spielen.
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