Kartengröße, Schriftgröße und Lesbarkeit

Verschiedene Spielkarten nebeneinander gelegt, um die Textgröße zu vergleichen
Verschiedene Spielkarten nebeneinander gelegt, um die Textgröße zu vergleichen

Um mir einen Überblick zu verschaffen, wie andere Spieldesigner_innen ihren Text auf Karten platzieren, habe ich eine kleine Studie angestellt.

Wie alle Wissenschaftler setze ich dazu Hilfskräfte ein, nämlich das grüne Spielfigürchen, anhand dessen sich die Schriftgröße besser abschätzen lässt. Hier nun die untersuchten Karten:

Analyse des Kartendesigns bei Android Netrunner
Android Netrunner: Vier verschiedene Schriftarten, drei davon eher klein, und völlig unverständlich, warum „Natural“ eine eigene, noch kleinere braucht. Die Karte hat Poker-Format und funktioniert für mich noch gut. Es bleibt genug Platz für die detailreichen Illustrationen
Eine Spielkarten aus dem Spiel Cartaventura: Vinland
Cartaventura Vinland: Sehr viel Text, durch die Serifenschrift, den Fettdruck und den unaufdringlichen Hintergrund aber immer noch gut lesbar. Die besonders wichtigen Texte, nämlich die Handlungsmöglichkeiten, sind größer gedruckt und farblich hervorgehoben. Die Karte ist 90 x 90 mm groß und funktioniert gut im Spiel
Eine Spielkarten aus dem Spiel Dominion
Dominion: Schrift ist genügend groß, sehr gut lesbar, höchstens der etwas unruhige Hintergrund stört minimal. Die Karte ist im Bridge-Format und das klare Layout trägt viel zum kinderleichten Einstieg in Dominion bei
Eine Spielkarte aus dem Spiel Adventure Mart
Adventure Mart: wenig Text, elegante Gestaltung und gelungene Auswahl der Schriftarten. Ganz einfach zu erfassen und ich habe auch noch Freude an den farbenfrohen Illustrationen. Pokerformat
Eine Spielkarte aus dem Spiel World of Warcraft Trading Card Game: Onyxia's Lair Raid Deck
World of Warcraft Trading Card Game, Onyxia’s Lair Raid Deck: eine Mehr-als-Jumbo-Karte, über 150 mm breit, genug Platz für großen Text und ein riesiges Bild. Nicht alle Karten dieses Spiels sind so, die anderen haben Pokerformat
Eine Spielkarte aus dem Spiel Citadels
Citadels: Die Schrift ist nicht besonders groß und da auch nur wenig Text untergebracht werden muss, ist viel Platz für die liebevolle Illustration. Mit der Zeit sind Spieler_innen nicht mehr auf den Text angewiesen, sondern erkennen die Charaktere, denn es gibt nur eine Handvoll und die Bilder dazu sind sehr ikonisch. Die Karten haben das Tarotformat
Eine Spielkarte aus dem Spiel Fort
Fort: Die linke Karte ist noch lesbar, die rechte ist eine Katastrophe. Kann sein, dass das an der Übersetzung liegt (ein deutscher Text ist länger als sein englisches Pendant), aber das hätte beim Layouten auffallen müssen. Vielleicht hätte man umformulieren können? Das  Miniformat funktioniert hier für mich nicht, und vor allem: Da wäre rundherum noch Platz gewesen, wenn man auf das flicken?-förmige Gestaltungselement verzichtet hätte, das keinerlei Bedeutung trägt
Eine Spielkarte aus dem Spiel Boss Monster
Boss Monster: Zugegeben, es ist nur Flavour Text, der so verschwindend winzig auf unruhigen Hintergrund dieser Karte im Pokerformat gedruckt ist. Gleichzeitig wird aber viel Platz für Schmuckelemente verschwendet
Eine Spielkarte aus dem Spiel Boss Monster
Noch mal Boss Monster: Klare Kontraste, eine gut leserliche Schrift, bessere Ausnutzung der vorhandenen Fläche – dieses Layout funktioniert viel besser
Eine Spielkarte aus dem Spiel Imperial Settlers: Empires of the North
Imperial Settlers, Empires of the North: Der Text ist groß genug, durch die Zentrierung und die Einbindung der Icons in den Text sind aber nicht alle Anweisungen auf den ersten Blick zu erfassen, oft muss man den Kartentext laut vorlesen. Die Karte hat Pokerformat, und das ist sehr schade, denn die unglaublich fröhlichen Illustrationen sind dadurch nur mit der Lupe zu genießen. Andererseits nimmt das Spiel auch so schon sehr viel Tischfläche in Anspruch…
Eine Spielkarte aus dem Spiel Superhot, The Card Game
Superhot, The Card Game: Funktionales Design, Text sehr gut lesbar trotz Pixelfont
Eine Spielkarte aus dem Spiel Der Herr der Ringe: Reise durch Mittelerde
Der Herr der Ringe, Reise durch Mittelerde: Diese Karte im Miniformat schreckt mich tatsächlich ab, das Spiel zu spielen. Nicht nur ist der Text winzig (aber der „schicke“ Rahmen darf nicht fehlen, sonst sieht ja keiner, dass es Fantasy ist), auch die Icons sind winzig, und das Bild, das wahrscheinlich ganz hübsch ist, ist kleiner als eine Briefmarke. Von der Zweideutigkeit des Textes ganz zu schweigen (2 von dem ersten Icon, und 1 vom zweiten? Oder 2 von jedem? Oder insgesamt 2?) Mit Sentinels-of-the-Multiverse-Spielern darf man das nicht machen, und ich habe mir sagen lassen, mit Magic-Spielern auch nicht
Eine Spielkarte aus dem Spiel Exit: Raub auf dem Mississippi
Exit, Raub auf dem Mississippi: Habe ich kürzlich erst gespielt und dabei nicht bemerkt, wie winzig der Text eigentlich ist. Das sind mehr als 80 Wörter auf einer Karte im Bridge-Format. Durch die gute Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Raumes, die auf Lesbarkeit optimierte Schrift und den schlichten Hintergrund funktioniert das Layout. Ein bisschen schade, dass das schöne Bild dadurch so klein gerät, aber als Vignette hat es seinen Charme
Eine Spielkarte aus dem Spiel Magic The Gathering
Magic, The Gathering: Die Schrift ist gut lesbar, obwohl jede Karte noch Flavour Text mitbringt. Ich fände das Layout übersichtlicher, wenn sich die Eigenschaft „Fliegend“ vom Fließtext absetzen würde

Zu guter Letzt noch einmal die untersuchten Spiele im direkten Vergleich:

Übersicht über die verglichenen Spielkarten
Übersicht über die verglichenen Spielkarten. Anklicken für Originalgröße
Maike
Über Maike 31 Artikel
Schreibt, zeichnet, fotografiert und programmiert alles hier auf www.lanoki.de. Viele der Brett- und Computerspiele, die sie gerne spielen würde, gibt es noch nicht, deswegen designt sie sie selbst. Hat zwei tolle Ponys, die mit ihr durchs Feuer gehen (aber nicht über blaue Plastikplanen.)

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